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Klickt hier um zur Folge zu gelangen: https://open.spotify.com/episode/4uIOgmSJNDdPUuiupdJj8g

Das Interview mit Marcella hat mich stark inspiriert und beeindruckt. Marcella ist Mama von zwei Jungen. Evan (12) kam mit einem schweren Herzfehler (HLHS) zur Welt und ist zudem Autist.
Marcella erzählt ungeschönt, aber auch ohne Drama aus ihrer Geschichte, und ihrem Leben. Sie ist für mich der Inbegriff von gelebter Dankbarkeit.
Marcella ist unfassbar engagiert.
Sie betreibt einen eigenen Blog unter www.andersunddochnormal.de
Und ihr findet sie auf Instagram unter https://www.instagram.com/evans.welt/
Marcella organisiert mit viel Liebe und Herzblut inklusive Gottesdienste. Mehr dazu findet ihr hier https://www.instagram.com/alles_ausser_gewoenhnlich/

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Nicht lachen.

Wir stellen uns an. Warten in der Schlange. 

„Huuuund“

„Schwummen“

Gelächter. Lachen. Drei Jungs drehen dich um und lachen. Lachen über Evan, der gerade erzählt, dass sein Hund schwimmen soll. 

Ich bemerke das sofort. Diese Blicke, dieses Lachen. Ich denke mir, es sind Kinder. Lass sie Lachen und Gucken. Und dann drehe ich mich freundlich um und erkläre Ihnen warum Evan so spricht. Wir sprechen ganz offen und sie stellen mir fragen. Ich erkläre Ihnen, dass Lachen und Blicke verletzend sein können. 

Für mich ist es ein Meilenstein. Evan stellt sich an. Er macht überall mit. Er freut sich. Erlebt Abenteuer. Er ist glücklich und das macht mich glücklich. Was für andere selbstverständlich ist, ist für mich Immer noch etwas gigantisch Großes.

Ich bin den Jungs nicht böse. Sie wissen es nicht besser. Vielleicht Lachen sie beim nächsten Mal nicht mehr. 

Genau aus diesem Grund schreibe ich hier. Ich möchte aufklären. Nur weil man eine Behinderung nicht sieht, heißt es nicht, dass sie nicht da ist. Ein Lachen oder ein Blick können viel verändern. Manchmal braucht es Mut, herauszugehen. Da kann ein Blick oder auch Lachen viel kaputt machen. 

Sprecht mit Euren Kindern und klärt sie auf. Stellt gerne Fragen aber bitte lacht nicht.

Alles Außer gewöhnlich

Jeder Gottesdienst sollte inklusiv sein. Ja, das stimmt. Warum dann einen eigenen inklusiven Gottesdienst anbieten? Genauso wie jeder Sportverein, jede Schule, jedes Konzert, jede Veranstaltung inklusiv sein sollte. Leider sind wir noch sehr weit davon entfernt. Wie oft habe ich es mit meinem Sohn schon ausprobiert. Leider sieht es in der Realität oft noch anders aus. Ich kenne das Gefühl am Rand zu stehen, nebenbei anstatt mittendrin. Oft scheitert es an der Umgebung und an den Bedürfnissen. Manchmal traut man sich vielleicht auch einfach nicht.

Gestern bei unserem Gottesdienst kam eine Mama auf uns zu und bedankte sich, dass Ihre Söhne das erste Mal in 13 Jahren die Kirche besuchen konnten. Vorher wäre das nie möglich gewesen.

Genau dafür gibt es diesen Ort und diesen Gottesdienst. Wie einsam habe ich mich früher oft gefühlt. Gerne wollte ich Veranstaltungen und Orte mit meinem Sohn besuchen. Wie schön, dass es mittlerweile immer mehr wird.

Vielleicht brauchen wir irgendwann keine Sonderveranstaltungen mehr aber bis es soweit ist, freue ich mich über wundervolle und lebendige Begegnungen und Austausch. Gemeinsam Brücken schlagen und Erlebnisse für alle Menschen schaffen.

Superkräfte.

Für meine Kinder kämpfe ich jeden Kampf. Für meinen besonderen Michel lege ich mich mit unserer Stadt an. Für ihn gehe ich zum Bürgermeister und Sozialdezerneten und Kämpfe für unsere Anliegen. Für mich selber einzustehen, fällt mir hingegen unheimlich schwer. Meine Grenzen zu wahren und ein klares Nein zu sagen, ist ein Kraftakt. Viele Menschen glauben, dass Eltern besonderer Kinder Superkräfte haben, die scheinbar immer zur Verfügung stehen.

„Toll wie Du das immer schaffst. Ich könnte das nicht!“

Leider habe ich in Laufe der Zeit bemerkt, dass auch ich keine Superkräfte habe. Keinen Zauberhut besitze, der mir morgens Superkräfte für den kompletten Tag und manchmal auch Nacht spendiert. Umso wichtiger ist es, neben seinen Kindern, für sich selber einzustehen. Die eigenen Grenzen zu wahren und ein ehrliches Nein klar auszusprechen. Denn es sind nicht meine „Besonderen-Eltern-Superkräfte“, die mich jeden Tag wieder aufs Neue agieren lassen. Das bin ich. Mit all meinen Stärken und Schwächen.

Auch ich habe Momente, in denen ich keine Lust oder auch keine Kraft mehr habe und das ist völlig okay. Ich bin und muss nicht Superwomen sein. Nicht jeden Tag zumindest 😉 Nur weil ich ein besonderes Kind habe, habe ich nicht mehr oder weniger Fähigkeiten oder Kräfte. Ich versuche mir jeden Tag meine Kräfte einzuteilen und sie durch meine kleinen Insel des Alltages wieder aufzufüllen. Manchmal ist es mein Latte Macciato am Morgen, das kleine Paket Sushi am Abend, ein Telefonat oder eine Fahrradtour oder der alkoholfreie Sekt auf dem Spielplatz. Denn ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich wichtig bin und ich auf mich achten muss, denn diese Superkräfte für Eltern mit besonderen Kindern gibt es nicht. Für mich zumindest.

„Kann er sich nicht einfach mal zusammenreißen?!“

„Kann er sich nicht einfach mal zusammenreißen?!“ Inklusion & Exklusion. Abenteuer erleben. Sommerferien verbringen. Die meiste Zeit verbringen wir unsere Ferien auf einsamen Waldwegen oder an entlegenen Seen. Hin und wieder planen wir kleine Abenteuer. Mein großer Michel möchte die Welt erkunden und immer mal wieder wagen wir Abenteuer. Dieses Mal war es das Draisinienfahren. Fahrradfahren liebt Evan. Warum also nicht Draisinienfahren? Alle äußeren Umstände und Begebenheiten waren gut geeignet. Wir kommen an und sind voller Vorfreude. Wir müssen warten. Das Warten ist generell sehr schwierig für Evan. Evan wird unruhig. Ich werde etwas nervös. Versuche mir nichts anmerken zu lassen. Evan läuft herum. Klatscht laut und lautiert noch lauter. Die Blicke lasten schon längst auf uns. Und dann kommt ein Satz zusammen mit einem ziemlich abwertenden Blick: “ Kann er sich nicht einfach mal kurz zusammenreißen?“ Ja, warum kann er das eigentlich nicht? Im Vergleich zu früher, kann Evan enorm viel. Solche Ausflüge wären für uns früher undenkbar gewesen. Schier unmöglich. Heute, nach etlichen Übungen, klappt es einigermaßen. Einigermaßen, da Evan sich nie wie gesellschaftskonform verhalten wird. Warum? Weil er es nicht kann. Und da ist sie wieder: Die unsichtbare Behinderung. Er sieht doch schließlich ganz normal aus, warum verhält er sich nicht so? Weil er es nicht kann. Nur weil eine Behinderung nicht sichtbar ist, heißt es nicht, dass sie weniger gravierend ist. Ich weiß, dass viele Menschen es nicht besser wissen. Wie auch. Man sieht ja nichts. Deswegen ist es mir so wichtig Aufklärung zu leisten. Dem Nichtsichtbaren, ein Gesicht zu geben. Toleranz und Akzeptanz zu schaffen. Evan, eine Stimme zu geben. Er ist nicht schlecht erzogen. Nein, er hat eine Behinderung. Eine nicht sichtbare Behinderung. Wir hatten einen wunderschönen Tag. Ich bin unendlich glücklich, denn es ist wieder etwas Möglich gewesen. Was früher undenklich war, ist auf einmal möglich. Ich bin ruhig geblieben und habe aufgeklärt. Ich hatte noch sehr nette und offene Gespräche. Wir hatten eine tolle Zeit und Evan liebt das Draisinienfahren. Und das ist alles was zählt.Und warum kann er sich nicht einfach mal zusammenreißen? Ganz einfach, weil er nicht kann.

Kein Muttertag.

Das ist mein Muttertag. So sehe ich am Ende des Muttertages aus. Ich bin kaputt. Ich habe weder Blumen noch Karten oder Sonstiges bekommen. Mein Michel versteht diesen Tag nicht und der kleine Bruder ist noch zu klein. Aber ehrlich gesagt, ist es mir auch nicht wichtig. Denn ich weiß, dass meine Kinder mich lieben. Jeden Tag auch ohne Blumen und Karten. Damit möchte ich diesen Tag nicht abwerten. Ganz und gar nicht. Ich freue mich mit den Müttern, die sich über ihre Geschenke freuen. Ich möchte damit nur zeigen, dass dieser Tag nicht jeder Realität entspricht und dass es nicht schlimm ist und man nicht weniger geliebt wird. Jede Mutter hat ihre eigene Geschichte und Realität. Gerade eben, zum Abend, bin ich mit meinen Kinder noch eine Runde Fahrradgefahren. Wir haben gesungen, jeder für sich und gelacht, zusammen. Das war mein heutiges Highlight. Mein kleines, kostbares, Geschenk.

Ecken und Kanten.

Meistens trage ich zwei unterschiedliche Socken. Es sei denn ich trage Strumpfhosen, was ich eigentlich überwiegend mache. Im Sommer laufe ich am liebsten Barfuß. Ich habe einen leichten Putzfimmel und bin immer mal wieder launisch und schlecht gelaunt. Ich bin 38. An guten Tagen fühle ich mich wie 25 und an schlechten sehr viel älter als ich bin. Ich liebe die Natur. Ganz besonders den Wald. Dort fühle ich mich wohl. Ich habe zwei wundervolle Söhne mit ganz unterschiedlichen Besonderheiten und Begabungen. Ich liebe Hunde und Pferde. Meistens bin ich laut. Ganz oft bin ich leise. Oft bin ich unsicher, wenn es um mich geht. Fast immer bin ich selbstbewusst, wenn es um die Belange meines besonderen Michels aus Lönneberga geht. Ich glaube an das Gute im Menschen. Ich glaube an Gott. An guten Tagen bin ich durchaus positiv und sehe, dass mein Glas halbvoll ist. Ich bin verrückt. Diese Eigenschaft hält mich am Leben und trägt mich durch den Tag. Ich glaube ganz fest daran, dass mir diese Eigenschaft geschenkt wurde. Denn wäre ich nicht so wie ich bin, mit all meinen Ecken und Kanten, könnte ich unser Leben nicht so meistern. Ich liebe das Leben. Unser Leben. Die Freude, die Trauer und die Enttäuschungen. Alles was dazu gehört. Ich habe mich früher oft nicht dazugehörig gefühlt. Ich glaube daher kommt mein Gerechtigkeitssinn und die Sorge, dass mein Michel nicht so angekommen wird wie er ist. Früher habe ich mich oft geschämt und meine Besonderheiten versteckt. Mich anders gegeben, nur um dazugehören und nicht am Rand stehen zu müssen. Heute kann ich sagen, dass ich dankbar bin, genauso zu sein wie ich bin. Natürlich gibt es Dinge, die mir nicht so gut gefallen aber auch dass bin ich. Auch das gehört zu mir. Das Wichtigste was ich meinen Kindern mit auf dem Weg geben möchte ist, dass sie gut sind so wie sie sind. Dass sie „richtig“ sind, da es kein „falsch“ gibt. Dass sie sich nie anders geben brauchen, um irgendwo dazugehören. Dass sie sich niemals, wirklich niemals, verstecken brauchen für das was sie sind. Zwei wundervolle und wertvolle Menschen. Mit ihren ganz eigenen Ecken und Kanten. Und das ist gut und richtig so.

Die anderen Tage.

Die anderen Tage. In diesen anderen Tagen macht mein kleiner großer Michel es mir schwer. Ihm fehlen die Worte. Stattdessen kommen Hände, Beine oder der Mund zu Gebrauch. Es ist schwer, zu ertragen. Ich habe das Gefühl ich zähme ein wildes Tier. Versuche es, zu beschwichtigen. Möchte es weder dressieren noch konditionieren. Aber manchmal soll/muss er auf mich hören. Ich bin ein sehr geduldiger Mensch und habe mir immer vorgestellt meinem Kind auf Augenhöhe zu begegnen, um zu erklären. Liebevoll zu erziehen. Stattdessen muss ich an diesen anderen Tagen, versuchen mich zu schützen. Uns zu schützen. Kurz den Raum verlassen. Einmal tief durchatmen. Evan kann sein Verhalten sehr schlecht bis nicht steuern, dieser Tatsache bin ich mir bewusst. Aber trotzdem möchte man nicht gehauen, gebissen oder getreten werden. Das macht etwas mit einem. Auch mit einer Mutter. Evan sieht nur seine eigenen Bedürfnisse. Versteht nicht, dass ich auch welche habe. An diesen besagten anderen Tagen mutiere ich zum Monster. Schreie lauter als Evan und muss fürchterlich dabei aussehen. Selfie? Nein, danke! Versuche ruhig zu bleiben. Es nicht, persönlich zu nehmen. Anstatt liebevoll bestimmt zu erklären, muss ich mit Kraft dagegen lenken.

Die anderen Tage. Ich finde dieses Thema sehr schwierig. In Deutschland. Generell schwierig. Viele denken darüber nach aber nur wenige sprechen darüber: Über eben genau diese anderen Tage. Letztes Wochenende, während eines schlechten Tages, in einer schlechteren Stunde, wollte ich mir ein wenig Mut anlesen. Ich habe mich mit einem leckeren Latte Macciato auf mein Sofa gesetzt und meine vorher errungenen – sorgfältig ausgesuchten und teuer bezahlten – Eltern Zeitschriften dazu geholt. Da saßen wir nun, mein Latte Macciato, die Eltern Zeitschriften und ich

(Evan war im Badezimmer unter der Dusche – jedes Mal, wenn ich eine kleine Pause brauche, drehe ich die Dusche auf und siehe da: Evan steht schon bereit. Wie David Hasselhoff am Strand von Venice Beach, nur etwas niedlicher. Evan natürlich. Unser Wasserverbrauch ist enorm).

Gleicht geht es mir etwas besser. So wie mir, geht es bestimmt einigen Eltern – waren meine Gedanken. Nach der ersten Eltern Zeitschrift war ich ein wenig deprimiert. Nach der zweiten war ich frustriert und nach der dritten habe ich geheult. Wie ein Schlosshund. Artikel wie „Wir ernähren uns nur noch mit Bio Produkten und kochen jeden Tag ultrafrisch bis hin zu „die Wohnung neu sortiert in nur 100 Schritten“ haben meine Launen oder meine vorübergehende Depression nicht verbessert. Was, die haben noch Zeit jeden Tag 2x biofrisch zu kochen und ihren Kleiderschrank nach farblichen Mustern sowie den Rest der Wohnung zu ordnen und sortieren?!!! Jetzt war ich wirklich am Ende. Oh, ein Interview habe ich übersehen. Von Eltern mit einem behinderten Kind. Jetzt wird gleich alles besser. Leider nicht. Das Interview war ein Zusammenwurf von positiven Wörtern. Alles gut. War nie besser. Überfordert oder erschöpft habe ich leider nicht gefunden. Auch nach intensivster Suche.

Es macht etwas mit einem an seine Belastungsgrenze zu kommen. Auch mit einer Mutter. Gerade mit einer Mutter. Ich bin eine tolle, liebevolle und geduldige Mutter. An vielen Tagen. Aber es gibt auch diese anderen Tage. Da bin ich am Limit. Balanciere auf einem Seil und bin oft davor abzustürzen. Manchmal tue ich das sogar. Irgendwie schaffe ich es immer wieder aufs Seil und balanciere mich aus. Falle wieder runter und stehe wieder auf und klettere mit letzter Kraft und meinen letzten Reserven erneut aufs Seil. Für Außenstehende muss es lächerlich aussehen. Die gibt einfach nicht auf! Warum lässt sie es nicht einfach?! Die fällt doch sowieso immer wieder runter. Stimmt. Aber jedes Mal komme ich etwas weiter. Nur ein Stückchen. Aber ich komme weiter und gebe nicht auf. Irgendwie schaffe ich es immer und immer wieder auf das Seil.

Warum ist das Muttersein immer eng mit Schuldgefühlen verknüpft? Darf man als Mutter keine Grenzen haben? Muss man immer alles geben müssen? Jeden Tag bis an Limit gehen und dabei noch ultrabiofrisch kochen und den Kleiderschrank sowie die Wohnung nach Mustern sortieren? Früher war der Gedanke, dass es diese anderen Tage gibt, fürchterlich für mich. Tage, Stunden oder Minuten, an denen mir alles nicht so leichtfällt. Ich habe mich für meine Gefühle und Emotionen geschämt. Ich bin eine schlechte Mutter. Ich habe ein behindertes Kind. So etwas darf ich doch nicht denken. Ich muss Evan jeden Tag aufs Neue äußerst liebenswert und zuckersüß finden. Mittlerweile weiß ich, dass ich auch mal sauer sein darf. Ihn vielleicht auch mal doof finden darf. Sowie er mich hin und wieder auch mal doof findet (er sagt es zwar nicht, aber ich merke es deutlich. Sehr deutlich).

Es tut mir gut, zu explodieren und meine Wut herauszuschreien. Jeder Mensch hat seine Grenzen. Auch eine Mutter. Die Grenzen eines Menschen sind sein persönliches Hoheitsgebiet. Innerhalb dieses Gebietes muss jeder Mensch für sich selber bestimmen was in Ordnung ist und was nicht. Ich habe meine Grenzen. Evan hat und braucht seine Grenzen. Jeden Tag fordert er 101% meiner Aufmerksamkeit. Leider verfüge ich nach meiner Arbeit, dem Haushalt, dem Organisieren meistens noch über 60%. Mal sind es etwas mehr, mal etwas weniger. Wir werden 60% zu 101%? Gar nicht. So einfach ist das. Früher habe ich über meine Kapazitäten gelebt. Körperlich und emotional. War bereit auf dem Schwarzmarkt die restlichen 41% zu kaufen. Heute? Würde ich dafür kein Geld mehr ausgeben. Mittlerweile nehme ich diese anderen Tage samt Gefühlen und Emotionen dankend an. Dankend? Ja, dankend. Nach der Nacht kommt der Tag. Nach dem Regen kommt die Sonne. Ohne Regen würde es keine wundervollen Blumen geben. Manchmal muss man sich kurz oder auch etwas länger doof finden, damit man sich im nächsten Moment wieder sagen/zeigen kann, dass man sich ganz toll findet. Ich bin eine tolle Mutter. An den guten und ganz besonders an den schlechten Tagen.

Normal.

„Dein anderes Kind ist aber normal, oder?“ wurde ich letztens gefragt. Ich weiß, dass die Frage nicht in böser Absicht gestellt wurde noch, dass sie mich oder meinen kleinen Michel beleidigen sollte. Für die fragende Person war es eine ganz normale Frage. Ganz normal. Normal eben. Vielleicht ist es für viele andere Menschen auch eine normale Frage. Ich musste im Nachhinein sehr lange darüber nachdenken. Normal. Ich glaube, dass dieses kleine Wort eine sehr große Bedeutung hat und immer noch in sehr vielen Köpfen verankert ist. Wenn es ein normal gibt, was ist dann das Gegenteil? Nicht normal? Abnormal? Was bedeutet dann dieses Wort bezogen auf eine Person. Eins meiner Kinder ist normal und das andere ist nicht normal? Wörter habe eine Bedeutung und diese Bedeutung setzt sich in den Köpfen der Menschen fest. Denn ganz ehrlich, was ist normal? Und wer legt fest, was normal ist oder nicht? Ich habe zwei Kinder. Ein Kind mit Autismus und einem schweren Herzfehler und ein gesundes Kind. Ein großes und ein kleines Kind. Es gibt viele Wörter, die mir in den Kopf kommen, um die Unterschiede meiner Kinder zu beschreiben. Aber das Wort normal würde ich in keinem Falle benutzen. Ich glaube solange eine Behinderung in der heutigen Gesellschaft immer noch, als nicht normal bezeichnet wird, wird es schwierig werden, inklusiv zu denken oder gar zu handeln. 

Übrigens passt das Wort nicht normal von uns dreien am ehesten zu mir.