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Familie.

Mit den Kindern gemeinsam eine Fahrradtour machen. Gemeinsam auf den Weihnachtsmarkt gehen, den Kindern zuwinken während sie auf dem Karussell fahren. Zwei Glühwein und zwei Kinderpunsch kaufen und zusammen trinken. Den Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Sie glücklich und erschöpft vom Sportverein abholen und ihnen gespannt zuhören, welche Abenteuer sie erlebt haben. Gemeinsam in den Urlaub fahren. Familie sein und leben.  Diese und andere Dingen sind für viele Eltern und Familien eine Selbstverständlichkeit. Sie sind so selbstverständlich, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt. Für uns sind sie es leider nicht. Wie gestaltet sich das Familienleben mit einem behinderten und einem gesunden Kind? Mit einem Kind, welches zu 100% Deine Aufmerksamkeit benötigt? Wie schafft man es gleichzeitig, die unterschiedlichen Familienbedürfnisse zu erfüllen? Mit diesen Fragen setzte ich mich im Moment sehr ausgiebig auseinander. Ich merke, dass mein Wunsch nach Familie nicht der Realität entspricht. Gemeinsam mit meinem kleinen Michel Familienausflüge zu unternehmen, gestaltet sich sehr schwer. Fast unmöglich. Evan benötigt zu 100% meine alleinige Aufmerksamkeit. Er möchte seine Wege auf seine Weise gehen oder befahren. Fragen …

Alles ist okay.

Alle suchen es. Alle wollen es. Ein kleines oder vielleicht auch ein etwas größeres Stück vom Glück. „Haben wir nicht sogar ein Anrecht auf Glück„, vermag ich aus einigen Gesichtern zu lesen. Manchmal auch aus meinem. Ein Anrecht auf Glück. Gibt es so etwas? Haben wir ein Recht auf Glück? Ich weiß es nicht, aber wenn ich ehrlich bin, würde ich es mir hin und wieder wünschen. Es gibt Tage, an denen schätze ich mich glücklich. Sehr glücklich. Überaus glücklich. Da scheint mich das Glück anzulächeln und das Beste ist: es hört gar nicht mehr auf zu lächeln! Aber es gibt auch die anderen Tage. Die Tage, an denen ich mich vom Glück verlassen fühle. Ja, an diesen Tagen fühle ich mich sogar vom Pech verfolgt, ein wenig zumindest. Ganz nach dem Motto: Tschüss Glück. Hallo Pech. „Hallo Pech“ – das habe ich in der letzten Zeit oft gesagt. Häufig bin ich in den letzten zwei Jahren an meine Grenzen gestoßen. Ich habe den Blick für „Alles hat etwas positives“ verloren. Mein „Inklusion-Welcome-Kampfgeist“ hat gelitten. …

Eine Auszeit, die keine Auszeit ist.

Liebe Leser, sich eine Auszeit zu nehmen, eine kleine Pause vom Alltag, ist eine schöne und wohltuende Tat. Aber was macht man mit einer Auszeit, die gar keine Auszeit ist? Ich nehme mir eine Auszeit. Eine bewusst gewählte Auszeit. Um einfach mal wieder zu mir zu finden. Wer bin ich überhaupt? Die Seele baumeln lassen. Wieder Kraft tanken. Ein schöner Gedanke. Eine schöne Idee. Aber was macht man, wenn man sich bewusst gar keine Auszeit nehmen kann? Ich bin müde. Kaputt. Zerschlagen. Erschöpft. Kraftlos. Meinen Alltag aufrecht zu erhalten, kostet mich unendlich viel Kraft. Jeden Tag neu zu planen und gegebenenfalls zu improvisieren. Zu reagieren. Koordinieren. Jeder Tag ist ein gefühlter Ausnahmezustand. Ich setzte mich auf die Couch um kurz innezuhalten und es fängt an. Mein Gedankenkarussell setzt sich in Gang und fährt Runde um Runde. Egal ob ich bezahlt habe oder eigentlich gar nicht mitfahren möchte. Ich schaffe es nicht auszusteigen und stehe auf. Unterbreche den Kreislauf und versuche mich bewusst mit praktischen Aufgaben abzulenken. Bloß nicht zur Ruhe zu kommen. Bloß nicht innehalten.                                    …

Anders und (un)sichtbar.

„Du bist gut so wie Du bist“ ist das Lebensmotto von Heike. Heike ist 44 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann Maik und ihren Söhnen Hendrik (17) und Thies (7) in Ostfriesland. Hendrik hat ADS und ist Legastheniker. Thies ist auch ADSler mit einer hochgradigen Hyperakusis, eine Überempfindlichkeit der Hörorgane, und trägt Hörgeräte.  Magst Du Dich und Deine Familie kurz vorstellen? Was ist bei Dir /Euch anders und unsichtbar? Zu unserer Familie gehören Hendrik (17) Thies (7) Maik und ich! Hendrik ist ADSler mit hyperaktiven Zügen. Eine Autismusdiagnostik haben wir nicht mehr gemacht, weil es ohne Konsequenzen für uns gewesen wäre. Des Weiteren ist Hendrik Legastheniker. Thies hat auch ADS und zudem noch eine hochgradige Hyperakusis. Beide Kinder hatten (bzw Thies hat immer noch) depressive Tendenzen. Sie merken, dass sie anders sind als andere und das belastet sie. Hendrik hatte 5 Jahre Psychotherapie, die ihm sehr gut getan haben! Thies beginnt im Herbst mit seiner Therapie. Wo und wie wird Deine/Eure unsichtbare Behinderung im Alltag sichtbar? Wie beeinflusst Dich/Euch die Behinderung im Alltag? Was …

Anders und (un)sichtbar.

„Immer im jetzt leben“ ist das Lebensmotto von Katrin und ihrer Familie. Katrin ist 34 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern, Lina und Dominik, in Nürnberg. Dominik ist 1 Jahr alt und kam mit einem Herzfehler, Pulmonalstenose, auf die Welt. Zusätzlich hat er dieses Jahr die Diagnose Dravet Syndrom, eine seltene und schwere Epilepsieform, erhalten. Dominik hat die Pflegestufe 1 und einen GBH (Grad der Behinderung) von  80%. Magst Du Dich und Deine Familie kurz vorstellen? Was ist bei Dir /Euch anders und unsichtbar? Wir sind zu viert. Lina ist die große Schwester und wird Ende August schon 4 Jahre alt. Sie ist gesund. Dominik kam letztes Jahr im April auf die Welt. In der zwanzigsten Schwangerschaftswoche haben die Ärzte bei einem Organscreening einen kleinen Herzfehler in Form einer Pulmonalstenose festgestellt. Dies war für uns schon sehr besorgniserregend. Direkt nach der Geburt kam Dominik gleich auf die Intensivstation zur Überwachung. Die Stenose war zum Glück „noch“ in einem guten Bereich, so dass wir mit einem, wie wir bis zu diesem …

Nicht genug behindert?

Ist es Glück, wenn man einem Menschen seine Behinderung nicht ansieht? Sind Behinderungen, die auf den ersten Blick nicht direkt zu sehen sind, gleich weniger schlimm? Fragen und Gedanken, die ich mir in den letzten Tagen sehr häufig gestellt habe. Anders und (un)sichtbar. Oft wird eine Behinderung mit der Größe der offensichtlichen Sichtbarkeit bemessen. Es gibt Menschen, die haben ein oder mehrere körperliche Erkennungszeichen oder Merkmale. Ihnen sieht man ihre Einschränkung(en) und/oder Behinderung an. Es gab Tage in meinem Leben, da habe ich mir ein solches Merkmal und Erkennungszeichen für Evan gewünscht. So wie eine Art „Aushängeschild“ oder eine „förmliche Entschuldigung“. Nicht immer gleich verurteilt zu werden. Nicht immer in den Augen „Sie hat aber ein freches Kind“ lesen zu müssen. Mittlerweile gehe ich offen mit der Behinderung meines Sohnes um. Ich bin sehr direkt und spreche Dinge offen an und aus. Aber es gibt immer noch die anderen Tage. Tage, an denen es mir schwer fällt. Tage, an denen mein Mutterherz, aufgrund der Blicke und den Reaktionen, schmerzt. Mich hat die Resonanz meines Artikels …

Wir ziehen um! Im Webspace.

„Ich habe lange überlegt, ob ich einen Blog starten möchte oder nicht. Nachdem ich mich dafür entschieden habe, habe ich nochmal ewig gebraucht, um mir zu überlegen wie ich ihn haben möchte bzw. wie publik er sein soll. Ich habe bis jetzt überhaupt keine Erfahrungen was das Bloggen angeht. Ich bin weder auf Facebook, Instagram noch auf Twitter oder habe einen YouToube Channel. Meine erste Überlegung war, dass ich in der dritten Person schreibe oder alles passwortgeschützt anlege. Nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich mich kurzerhand entschlossen einfach anzufangen und so offen wie möglich zu sein und gleichzeitig so privat wie möglich zu bleiben.“ Diese Zeilen sind ungefähr ein Jahr her. (Wow, unseren Blog gibt es jetzt schon seit einem Jahr). Auch wenn ich einiges aus unserem Leben preisgebe, habe ich es – bis jetzt – noch keinen Tag bereut, unsere Geschichte veröffentlicht zu haben. Aus einem anfänglich kleinem Blog sind wunderbare Möglichkeiten, einzigartige Bekanntschaften und besondere Freundschaften entstanden. Ich habe festgestellt, welche Stärke und Energie Wörter und Texte besitzen und wie Texte und Wörter es …

Nichts als die Wahrheit.

Nichts als die Wahrheit. Oder lieber nicht? Darf man heutzutage noch ehrlich sein? Hallo. Wie geht es Dir? Ich bin vollkommen erschöpft, mental und körperlich. Oh, wie schön. Das freut mich. Danke, mir gehts auch gut. Bis dann. Äh? Okay… Danke. Gerne. Bis dann. Wie geht es Dir? Eine Frage. Im heutigen Gebrauch wohl eher eine Floskel, auf die kaum jemand eine ehrliche Antwort erwartet und hören möchte. Oft wird diese Frage wie ein kurzes „Hallo“ in den Raum geworfen. Das „Danke, sehr gut“ schon nicht mehr abgewartet und mit einem „Danke, mir auch“ beantwortet. Früher habe ich bei dieser Frage immer mein „Mir-geht-es-gut (sehr-gut)-Gesicht“ aufgesetzt. Egal wie scheiße ich aussah und wie abstrus dieses „Mir-geht-es-gut-Gesicht“ zu meinem restlichen Erscheinungsbild gepasst hat. „Wow, ihr geht es gut und sie sieht richtig scheiße aus. Wie schafft sie das bloß?“ (Ehrlich? Das frage ich mich wirklich sehr oft). Ich habe geantwortet, wie die meisten Menschen es von mir erwartet haben. Ich es vielleicht selber von mir erwartet habe. Liebende Mutter, strukturierte Organisatorin, gründliche Putzfrau, zuverlässige Therapeutin und dazu …

Unsere Alternative für Deutschland?

Dieser Artikel soll kein politisches Statement sein, sondern ein menschliches. Ich bin sehr dankbar, dass Evan und ich in Deutschland leben dürfen. Haben wir etwas dafür getan? Nein. Wir hatten Glück. Einfach nur Glück. Glück, dass meine Eltern hier geboren sind. Haben die etwas dafür getan? Eine Leistung vollbracht? Nein, auch sie hatten Glück. Glück in einem demokratischen Land zu leben. Wenn ich die Aussagen einiger deutschen Mitbürger in sozialen Netzwerken lese, bekomme ich den Eindruck, dass diese Menschen, die oft nicht älter sind als ich, Deutschland mit ihren eigenen Händen erbaut haben. Erschaffen haben. Sie es verdient haben in Deutschland zu leben. Eine angemessene Leistung vollbracht haben. Aber ist dem wirklich so? Trifft es nicht eher zu, dass Deutschland ohne (ausländische) finanzielle Unterstützung nach dem 2. Weltkrieg nicht wieder hätte aufgebaut/saniert werden können? Ich erwähne an dieser Stelle nicht die vielen ausländischen Leiharbeiter, die tatkräftige Unterstützung geleistet haben. (Danke Enno Lenzer, Journalist, an dieser Stelle für den Gedankenanstoß). Woher nehmen sich also so viele Mitbürger das Recht anzunehmen, dass sie es verdient haben in Deutschland zu …

Wenn ein Mensch langsam verblasst.

Menschen strahlen und scheinen in den hellsten Farben. Manche Menschen leuchten so stark und so hell, dass man der festen Überzeugung ist, dass ihre Farben nie verblassen werden. Dass sie immer so strahlend bleiben. Vor ein paar Tagen saß ich meiner Oma gegenüber und konnte meinen Blick nicht mehr von ihr abwenden. Ich besuche meine Oma regelmäßig und sehe sie dementsprechend oft aber an diesem Nachmittag war es anders. Sie wird immer weniger – war mein Gedanke. Nicht weniger von ihrem Ausmaß sondern weniger von Ihrer Persönlichkeit. Sie verblasst. So wie ein Stück Stoff, dass vom Leben immer und immer wieder gewaschen wird und jedes Mal ein wenig mehr verblasst und an Farbe verliert. Meine Oma wird dieses Jahr 80 und natürlich – ganz selbstverständlich – verändert man sich im Alter. Ich bin auch nicht mehr derselbe Mensch wie vor 15 Jahren (zum Glück). Ich finde Veränderungen positiv und möchte heute nicht mehr in meinen “Anfang Zwanzigern“ leben. Mit 33 Jahren habe ich das Gefühl, endlich bei mir selber angekommen zu sein. Zumindest bin ich …