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Und dann sitzt er einfach da.

Und dann sitzt er einfach da und wartet. Normalerweise ist das Einkaufen mit Evan wirklich kein Genuss noch ein Vergnügen. Während ich dabei bin, den Einkauf in den Wagen zu werfen, eile ich Evan hinterher, der den Einkaufsladen mit einem Spielplatz verwechselt. Und heute?Saß er einfach nur da und hat beim Bäcker zusammen mit seiner Laugenstange und seinem Schokocroissant auf mich gewartet. So als wenn es das Normalste auf dieser Erde wäre. So unbedeutend und klein es für viele Menschen auch sein mag, für mich war es mein heutiges Highlight. 

Anders und (un)Sichtbar.

Ich schaff das schon, ich schaff das schon Ich schaff das ganz alleine Ich komm bestimmt, ich komm bestimmt Auch wieder auf die Beine Ich brauch dazu, ich brauch dazu Vielleicht ’ne Menge Kraft Doch ich hab immerhin Schon ganz was anderes geschafft“ (Quelle: Lied, Rolf Zuckowski) Dieses Lied begleitet Kimja Sophie van den Berg schon seit frühester Kindheit und ist zu einer Art Leitspruch geworden. Das einzige, was sie darin häufig anders sieht, ist das man gemeinsam, an einem Strang ziehend, noch viel mehr erreichen kann, denn man muss nicht alles alleine schaffen. Kimja ist 30 Jahre alt und lebt mit ihrer Familie im Landkreis Cuxhaven, relativ mittig zwischen Bremen/Hamburg und Cuxhaven direkt am Wasser. Ihr Sohn Kjell hat den Pflegegrad 3 und einen Schwerbehindertenausweis von 50% und mit den Merkzeichen B & H. Kraft zieht Kimja Sophie aus kreativen Projekten, wie Nähen, Hausumbau, Musikevents, Fotografie und Theater spielen. Auch das Schreiben auf ihrem Blog „Die Weltenbauer“, entspannt sie sehr. Magst Du Dich und Deine Familie kurz vorstellen? Was ist bei Dir /Euch anders …

Konsequent Inkonsequent

Sei doch mal konsequent“. „Sie müssen einfach nur konsequent sein.“ Konsequent sein. Ehrlich gesagt, kann ich diese Wörter nicht mehr hören. Nicht weil ich sie nicht mag oder nicht konsequent sein möchte. Aber was bedeutet, konsequent sein eigentlich? Grenzen zu setzen und diese auch durchzusetzen? Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber bei einem bin ich mir sicher. Sehr sicher sogar. Ich kann nicht immer konsequent sein. Auch wenn ich das möchte, ich schaffe das ganz einfach nicht. Wir kämpfen am Tag ungefähr 100 kleine und größere Kämpfe. Einige von diesen vielen Kämpfe, fechte ich konsequent bis zum bitteren Ende aus. Andere Kämpfe beginne ich erst gar nicht und andere Kämpfe verliere ich. Warum? Weil mir die Kraft fehlt. Und ehrlich gesagt, ist es okay. Ich kann nicht alle Kämpfe gewinnen. Ich suche mir meine Kämpfe gut überlegt aus. Ich kann nicht den ganzen Tag kämpfen. Kein Mensch kann das. Manchmal bekommt Evan vor dem Abendbrot noch einen Lolli oder er darf zum dritten Mal am Tag duschen. Ich erlaube das, nicht weil es mir …

Slogans für die Welt.

Unsere T-Shirts für Euch – Kleine Statements, große Wirkung. Manchmal zumindest. Evan und ich haben im Alltag sehr oft mit Vorurteilen und manchmal sogar mit Beschimpfungen zu kämpfen. Oftmals entstehen diese Situationen bei uns durch Unwissenheit, denn eine Behinderung, die man nicht sieht, kann doch keine richtige Behinderung sein, oder? Eine Behinderung, die nicht direkt sichtbar ist, kein offizielles Aushängeschild trägt, wird sehr schnell als Ungehorsam oder Frech abgefertigt. Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass uns unsere beschrifteten Shirts im Alltag sehr helfen und in vielen Situationen klärend unterstützen. Da mich im Laufe der Zeit immer mehr Menschen auf unsere T-Shirts angesprochen haben, habe ich schon länger mit dem Gedanken gespielt, eigene T-Shirts zu entwerfen und anzubieten. Jetzt ist es endlich soweit und ich freue mich riesig, diese mit Euch zu teilen. Die Einnahmen der Shirts gehen komplett in die ehrenamtliche Arbeit, die wir zum Thema Inklusion veranstalten (Inklusiver Kinder und Jugendtreff Ziemlich beste Freunde & inklusive Gottesdienste, Adventslauf, etc.). Unsere T-Shirts könnt ihr hier finden: www.andersunddochnormal.de/slogans-fuer-die-welt/#!/ Alles Liebe, Marcella & Evan

Öffnet Eure Schubladen.

Aufklären. Ich habe schon oft über dieses Thema geschrieben und werde es auch wieder machen, da es mir so sehr am Herzen liegt: Aufklärung. Immer und immer wieder kommt es zu unangenehmen, missverständlichen bis zu beleidigenden Situationen, wenn Evan und ich unsere Abenteuer im Alltag erleben. Das könnte mir egal sein. Stimmt, das könnte es. Ist es auch manchmal aber nicht immer. Manchmal stehe ich darüber, manchmal bin ich verletzt und manchmal bin ich traurig oder wütend. Eine Erkenntnis ist aber immer gleich: Ich bin jedes Mal aufs Neue erstaut darüber, dass es anscheint noch sehr viel an Aufklärung bedarf und die Unkenntnis und Unsicherheiten unsere Begegnungen dominieren. Eine Behinderung, die man nicht sieht, kann doch keine richtige Behinderung sein, oder? Eine Behinderung, die nicht direkt sichtbar ist, kein offizielles Aushängeschild trägt, wird sehr schnell als Ungehorsam oder Frech abgefertigt. „So behindert kann er ja nicht sein, er sieht doch total gesund aus. Diese Aussage ist nur eine von vielen, die ich sehr oft zu hören bekomme. Ich möchte Evan keinen Stempel, keine Aushängeschild, mit …

Inseln.

Immer wieder werde ich gefragt: Wie schaffst Du das? Woher nimmst Du die Kraft? Viele Menschen empfinden mein, unser Leben, als Kraftakt. Ich persönlich empfinde das gar nicht als Solchen. Jeder hat sein eigenes Leben mit seinen eigenen Gewichten, an die er sich im Laufe der Jahre gewöhnt. Jedes Päckchen, egal wie schwer es ist, fühlt sich für Menschen unterschiedlich an. Was der eine Mensch als schwer und Laster empfindet, kann ein anderer Mensch, als eine Leichtigkeit fühlen. Aber natürlich trage ich auch Päckchen, manchmal Pakete, mit mir herum. Früher habe ich diese nicht ernst genommen und immer wieder auf Funktionieren geschaltet. Bis ich irgendwann gemerkt habe, das funktioniert nicht. Zumindest nicht für eine lange Zeit. Irgendwann kamen dann meine Inseln. Inseln des Alltages. Ich habe gemerkt, dass ich auf mich achten muss und auch meine Bedürfnisse ernst nehmen sollte. Im Alltag geht es eigentlich fast ausschließlich um die Kinder. Gerade mit Evan und seinen besonderen, kräftezehrenden, Bedürfnissen bleibt nur sehr wenig Zeit für meine Wünsche. Irgendwann habe ich dann meine Inseln des Alltages eingeführt. …

Ich bin nicht verrückt.

Lieber älterer Herr aus Kiel, ich wollte mich Ihnen gerne vorstellen. Wir haben uns diese Woche auf dem Klinikgelände in Kiel vor den Aufzügen kennengelernt. Mein Name ist Evan. Ich bin 8 Jahre alt. Ich bin Autist und kann nicht sprechen sowie die gesprochene Sprache auch schlecht verstehen. Ich lebe mit einem halben Herzen. Mein Herzfehler heißt Hypoplastisches Linksherzsyndrom. Deswegen musste ich diese Woche auch nach Kiel ins Krankenhaus. Ach ja, und das Wichtigste: ICH BIN NICHT VERRÜCKT. Das haben Sie am Montag bei den Fahrstühlen zu mir gesagt. Vielleicht bin ich manchmal ein wenig laut oder verhalte mich auffallend aber ich bin nicht verrückt. Ich lebe mit einer Behinderung, die mein Handeln und meine Wahrnehmung sehr beeinflusst. Mich faszinieren Fahrstühle aber irgendwie habe ich auch Angst vor ihnen. Deshalb habe ich am Montag vor dem Fahrstühlen geschrien und mich auf den Bogen gelegt. Zudem war ich noch ziemlich mitgenommen von meinem Krankenhausaufenthalt. Meine Mama hat seit Tagen überlegt, wie sie diese Begegnung mit Ihnen am Besten in einen Artikel beschreibt. Aber ich merke, dass …

Das perfekte Geschenk

Seit Wochen überlege ich mit welchen Geschenken ich Evan zu Weihnachten eine Freude machen kann. Mich stresst das Thema Geschenke sehr, da es für Evan nicht einfach ist, etwas Passendes zu finden. Natürlich könnte ich ihm eine Gitarre schenken. Ich glaube das wäre dann gefühlt sein fünfzigstes Exemplar. Dieses Jahr fühle ich mich durch den Weihnachtskonsum sehr gestresst. Es gelingt mir aber auch nicht, diesen zu umgehen. Irgendwie hält er mich fest umschlungen. Ich möchte meinen Kindern doch eine große Freude bereiten. Aber womit bloß?! Und auf einmal macht es Klick. Ich sitze inmitten von gestressten Menschen in einem überfüllten Einkaufszentrum. Eigentlich wollte ich nur kurz etwas abholen und dann wieder weg. Diesen Plan habe ich aber ohne Evan und ohne die Rolltreppen gemacht. Ich entschloss mich, mir einen Platz zu suchen, Evan immer gut im Blick und auf meinen Michel zu warten. Klick. Ich beobachte Evan wie glücklich er die Rolltreppe mit seiner Gitarre benutzt. Die Menschen schienen Evan gar nicht wahrzunehmen. Sie waren so sehr mit ihren Einkäufen beschäftigt. Klick. Da sitzt mein …

Klare Sicht.

Mein 2. Junge. Mein zweites wundervolles Menschenkind. Meine Gedanken schweifen in letzter Zeit immer wieder ab. Immer wieder kommt mir das Wort Schattenkind in den Sinn. Stehst Du im Schatten Deines besonderen Bruders? Diese Frage stelle ich mir in letzter Zeit immer öfter. Alle haben gesagt, dass es mit Dir “einfacherer“ wird.  Mit einem gesunden Kind ist es doch immer “einfacher“, oder etwa nicht? Alles sollte funktionieren. Du solltest funktionieren. Im Moment bist Du in allen extrem herausfordernd. Herausfordernd willensstark, herausfordernd gefühlsstark, herausfordernd mutig, herausfordernd laut. Immer wieder frage ich mich: Ist das normal? Stehst du im Licht oder im Schatten? Oder vielleicht in der Mitte? Dein großer Bruder hat durch seine Besonderheit für die Gesellschaft immer eine “Entschuldigung“ für sein Verhalten. Du hast das nicht. Du müsstest Dich daher doch gesellschaftskonform und angepasst verhalten, oder nicht? Schnell lasse ich mich verunsichern und zweifle an mir. Und dann nehme ich sie ab. Die Gesellschaftsbrille. Und plötzlich ich Dich wieder ganz deutlich. In all Deinen wunderbaren Farben. Wie schön herausfordernd einfühlsam und willensstark Du bist. Wie …

Kirche für alle.

Rumlaufen. Ausprobieren. Anfassen. Kirche mal anders. Unser erster inklusiver Familiengottesdienst- und was soll ich sagen? Es war traumhaft schön. Einen Gottesdienst zu erleben, bei dem ich nicht aufpassen muss wie Evan sich verhält. Ihn nicht in die Schranken weisen muss, wenn er zu laut klatscht oder sonstige Geräusche macht. Die anderen Kinder zu beobachten, wie sehr es ihnen gefällt, all das konnte ich und viele andere Menschen am Samstag erleben.