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Glücklich trotz Behinderung?

Vorweg: Darf man diese Frage überhaupt stellen? Ich finde ja!

Glücklich trotz Behinderung? Diese Frage läuft mir in vielerlei Hinsicht in letzter Zeit über den Weg und beschäftigt mich sehr. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen der Ansicht sind, dass ich sehr unglücklich sein muss, da ich ein behindertes Kind habe. Du wirkst so glücklich. Bist Du wirklich glücklich? Du musst doch ziemlich unglücklich sein, oder? Diese Aussagen und Fragen bekomme ich häufig gestellt. Darüber hinaus wird Evan oft mit einem sehr mitleidigen Blick betrachtet, da dieses arme Kind eine so schlimmer Behinderung hat. Er kann doch gar nicht glücklich sein, der Kleine. Mich haben diese Fragen nicht mehr losgelassen. Stimmt es etwa was die anderen Leute sagen? Sind Evan und ich nicht glücklich? Können wir gar nicht wirklich glücklich sein? Aus diesen Gründen habe ich mich in den letzten Tagen sehr intensiv, ehrlich und offen mit diesen Fragen auseinander gesetzt. Ich habe versucht sie bis zum Grund, bis in die Tiefe, zu erörtern. Mit all ihren schönen und schrecklichen Seiten. Bei der Beantwortung kann ich ausschließlich von mir sprechen und weitestgehend von meinem Sohn.

Glücklich trotz Behinderung? Was bedeutet diese Frage eigentlich? Kann ich trotz einer Behinderung glücklich sein? Hängt das Glück von einer Behinderung/Nicht Behinderung ab? Können nur gesunde Menschen glücklich sein? Behinderung=Unglücklich / Gesund=Glücklich? Ist es wirklich so einfach? Kann man das Glück einfach in eine Formel packen? Heutzutage ist das Streben nach dem Glück und nach perfekten Momenten allgegenwärtig. Jeder kennt diese perfekten Momente, in denen einfach alles passt und sich gut anfühlt. Ein Augenblick, den man am liebsten gar nicht mehr loslassen möchte. Einmal keine Krisen oder Tiefpunkte zu erleben. Heutzutage ist es fast wie ein Trend. Bist Du glücklich? Ja, ich bin sehr glücklich. Oh, wie schön! Willkommen im Club. Im Club der Glücklichen!  Es gibt Anleitungen zum Glücklichsein. Ratgeber für ein glückliches und unbeschwertes Leben finden sich in den regelmäßig in den Bestsellerlisten. Aber kann man wirklich nur in den perfekten Momenten glücklich sein? Ich habe sehr ausgiebig im Internet recherchiert und nach einer Definition des Wortes Glückes gesucht. Zufriedenheit, innere Ausgeglichenheit und Wohlbefinden waren die Wörter, die mir am häufigsten über den Weg gelaufen sind. Aber das wichtigste Fazit, welches ich aus meiner Glücksrecherche gezogen habe, ist, dass das Glück ein rein subjektives wahrgenommenes Gefühl ist und es schier unmöglich ist, es als eine objektive Sache zu beschreiben. Was mich glücklich macht, kann für jemand anderen alles andere als Glück  bedeuten. Wenn Glück also ein rein individuelles Empfinden ist, ist es dann nicht anmaßend anzunehmen, dass Evan und ich nicht glücklich sind?

Leider kann ich Evan nicht direkt fragen: Sag mal, bist Du eigentlich glücklich? (ich stelle mir gerade bildlich vor wie ich Evan diese Frage stelle und er mich ganz verwirrt anschaut, um mir danach direkt den Vogel zu zeigen).  Aber ich glaube ich brauche ihn auch gar nicht zu fragen, um die Antwort zu wissen. Evan ist ein sehr glückliches Kind. Es gibt fast kein Bild, wenn er denn mal still sitzt, auf dem er nicht lacht. Manchmal sitzen wir im Auto und er fängt, ohne erdenklichen Grund, an zu lachen.

Das Glück kommt zu denen, die lachen. (Sprichwort aus Japan)

Auf Klobürsten und Bratpfannen seine Lieblingslieder zu spielen oder stundenlang vor der Waschmaschine zu sitzen – im Wechsel zu saugen – macht ihn sehr glücklich (demzufolge läuft bei uns den ganzen Tag entweder der Staubsauger oder die Waschmaschine, manchmal auch beides zusammen). Für mein Umfeld – manchmal sogar auch für mich – ist diese Vorstellung oft schwierig nachzuempfinden. Ich gehe sehr offen mit Evans Behinderung um und erzähle dementsprechend auch ehrlich was er den Tag über gemacht hat. Der arme Junge oder Mensch, das macht ihn doch nicht glücklich, sind häufige Antworten. Ich selber finde die Vorstellung, länger als 2 Minuten, vor meiner Waschmaschine zu sitzen oder Lieder auf der Klobürste zu spielen auch merkwürdig und mich macht es keinesfalls glücklich. Ich bin eher glücklich, wenn ich einen großen Bogen, um unsere Waschmaschine machen kann. Evan aber macht es glücklich. Evan weißt nicht um seine Behinderung – das ist zumindest mein Gefühl. Für ihn ist alles gut so wie es ist. Da bin ich mir sehr sicher. Natürlich gibt es Tage, an denen ist er mal etwas schlechter gelaunt und unglücklich aber das hat nichts mit seiner Behinderung zu tun. Ich glaube sogar, dass er eher die anderen Menschen und manchmal auch mich für behindert hält. So skurril und seltsam Evans Welt auch für Dritte erscheinen mag, es ist seine WELT und genau in dieser Welt ist er glücklich. Sehr sogar.

Aber auch eine andere Frage spuckte seitdem in meinem Kopf und ließ mich nicht mehr los: Wärst Du glücklicher, wenn Dein Sohn keine Behinderung hätte? Ich habe wirklich lange darüber nachgedacht und mir diese Frage immer und immer wieder gestellt. Aber eigentlich wusste ich die Antwort schon vorher: Nein, das wäre ich nicht. Es würde vielleicht einiges – sogar sehr vieles/fast alles – einfacher machen aber ich wäre nicht glücklicher. Vielleicht wäre ich nicht so oft erschöpft oder erschlagen aber ich wäre nicht glücklicher. In meinem Leben vor Evan war ich glücklich, wenn ich erfolgreich im meinem Beruf war oder wenn ich mir ein schönes neues Kleid gekauft habe. Heute bin ich glücklich, wenn ich meine das Wort Mama gehört zu haben oder Evan mir tief in die Augen schaut. Ich möchte keines der beiden Glücksgefühle einer Gewichtung unterziehen.

Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.

Ich war damals auch nicht weniger glücklich, nur anders glücklich. Durch Evan habe ich gelernt was Demut vor dem Leben bedeutet und eine neue Sphäre des Glückes kennengelernt. Trotz aller Einschränkungen könnte ich mir mein Leben nicht mehr anders vorstellen. Nicht mehr ohne Evan. Nie wieder ohne Evan.

Wenn aber doch fast alles einfacher ohne diese Behinderung wäre, warum wäre ich dann nicht automatisch glücklicher? Ganz einfach: Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass der Kontrast den Wert des Lebens bestimmt und zwar in allem, was uns begegnet. Auch im Glück. Ganz besonders im Glück. Ich kann das Glücksgefühl mehr/anders schätzen, da ich im Gegenzug auch viele nicht so schöne und sehr unglückliche Momente erlebe. Mittlerweile bin ich glücklich, wenn ich die Möglichkeit habe, einmal in Ruhe einkaufen zu gehen. Lebensmittel versteht sich. Ich schlender durch den Supermarkt wie andere Frauen durch Shopping Malls. Ich vergleiche in aller Seelenruhe Produkte wie Zewa Tücher oder Bodenreiniger und freue mich des Lebens. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich stehe an einer langen Kassenschlange und erfreue mich an der bunten Vielfalt der Menschen. Die wiederum bestimmt denken müssen, dass ich auf Drogen bin, da ich nicht aufhören kann, zu grinsen. Ich habe durch Evans Behinderung gelernt viele Dinge neu schätzen zu lernen. Durch Evans Erkrankung habe ich wundervolle Begegnungen gemacht, einzigartige und ganz besondere Menschen kennengelernt, für die ich sehr dankbar bin. Ich hätte die Welt, auf der Musiklieder auf Klobürsten und Bratpfannen gespielt werden und es sogar noch gut klingt, nie kennengelernt.

Das Wichtigste was ich durch Evan gelernt habe ist, auch in den nicht perfekten Momenten glücklich zu sein. Und glauben Sie mir, davon gibt es reichlich viele in unserem Alltag. Ich laufe nicht nur grinsend durchs Leben. Ich bin oft, sehr oft sogar, verzweifelt und stoße an meine Belastungsgrenzen und bin psychisch und physisch erschöpft und warte sehnlichst auf mein Happy End des Tages. Aber es bleibt aus. Zumindest bis Evan schläft – an diesen bestimmten Tagen zumindest. Denn spätestens wenn ich abends in sein Zimmer gehe und sehe wie friedlich er schläft, erkenne ich mein ganz eigenes kleines Happy End. Wenn man ein schwer chronisch krankes Kind hat, gerät die Welt ins Wanken und man bekommt einen anderen Blickwinkel. So schwer und anstrengend der Tag auch gewesen sein mag, ich bin einfach dankbar, dass Evan noch am Leben ist und das es ihm gut geht. Ich habe im Laufe der Zeit schon einige liebe Eltern kennengelernt, die ihre Kinder verloren haben. Diese Bedrohung jeden Tag aufs Neue zu spüren ist einfach unbeschreiblich.

Ich habe mit der Zeit gelernt, Dinge und Gegebenheiten für den Moment so anzunehmen und dass Beste daraus zu machen – ich lerne übrigens immer noch. Wenn das Glück an manchen Tagen nicht zu mir kommt, komme ich halt zum Glück. Auf Umwegen. Aber ich komme und meistens komme ich auch an. Wenn ich mit Evan zu einem einsam gelegenen Spielplatz fahre – dafür nehme ich gerne 45 Minuten oder eine Stunde in ka20150502_152004uf – und ich dort mein Sushi und einen alkoholfreien Sekt aus der Dose genießen kann, bin ich glücklich. Wenn ich nach der Arbeit noch kurz mit Evan in unseren Lieblingsvergnügungspark fahre, in dem wir mittlerweile schon mit Namen begrüßt werden, sind wir sehr glücklich. Auch wenn sich die lange Anfahrtsstrecke für die Dauer der Zeit, die wir dort verbringen können, nicht lohnt. Wir machen es trotzdem. Das lohnt sich doch gar nicht sind Wörter, die ich aus unserem Vokabular gestrichen habe. Es macht uns glücklich, also lohnt es sich! 

Glücklich sein heißt nicht, das Beste von allem zu haben, sondern das Beste aus allem zu machen. 

Ich  wurde schon oft gefragt, ob ich mir nicht ein gesundes Kind wünschen würde. Ich kann diese Frage gar nicht beantworten. Natürlich würde ich mir wünschen, dass Evan gesund ist. Ganz besonders, vom ganzen Herzen, würde ich mir wünschen, dass sein halbes Herz zu einem Ganzen mutiert. Aber so ist es nun mal nicht und so wird es auch nie sein. Warum soll ich mir also darüber den Kopf zerbrechen. Und sich sein Kind anders vorzustellen? Das kann und will ich nicht! Evans Autismuserkrankung ist nicht nur eine Diagnose sondern es ist unser Leben und dafür bin ich unendlich dankbar. Evan. Mein kleines Happy End. Jeden Tag aufs Neue.

Wenn mich also jemand fragt: Glücklich trotz Behinderung?  würde ich antworten: Ja, sehr sogar – meistens zumindest. Das eine schließt das andere nicht aus, denn Glück kennt keine Behinderung. Bei uns zu Hause zumindest!

Wir machen uns die Welt, widde widde wie sie uns gefällt! (Pippi Langstrumpf 1949),
Evan & Marcella.

 

Ein Hoch auf Momo!

Evan liebt Tiere. Evan liebt Momo, den Hund meiner Eltern. Allerdings hat Evan eine sehr spezielle Art das zu zeigen. Seine ganz besondere eigene Art, die viele Hunde schon nach sehr kurzer Zeit in die Flucht treibt. Aber nicht unsere Momo. Sie „erträgt“ Evans Liebesbeweise und Zuneigungen nun schon fast 5 Jahre und außer ein „Jetzt reicht es aber“ Knurren hat sie es so souverän gemeistert, dass ich ihr an dieser Stelle einmal einen eigenen Beitrag widmen möchte.

Evan liebt Tiere und ganz speziell Hunde & Pferde. Da er aber sehr unruhig und laut ist, sind einige Tiere davon sehr schnell eingeschüchtert. Die zwei Yorkshire Terrier von meiner lieben Freundin Nicole mögen gar nicht mehr zu uns in die Wohnung kommen. Wenn sie an unserem Haus vorbeigehen und nicht abbiegen müssen, meine ich sie sogar zu hören: „Schnell vorbei, zum Glück heute keinen Besuch!“ Evan liebt auch diese zwei Artgenossen, weiß allerdings nicht genau wie er Kontakt zu ihnen aufbauen soll. Ein zärtliches Streicheln kann man sich so vorstellen, als wenn Hulk einen liebevoll entgegenrennt und sich auf eine zärtliche Umarmung freut. Ich glaube so ähnlich ergeht es den Hunden von meiner Freundin – und vielleicht sogar einigen Freunden von Evan aber das ist ein anderes Thema.

Evan liebt es Hunde – ganz besonders – Momo zu imitieren. Evan ist sehr genau was diese Art der Imitation betrifft, das noch so kleinste Detail wir2016-01-07 22.48.06d aufgegriffen und in einer schauspielerischen Hochleistung dargestellt. Vom „Beinheben“ und an den „Sträuchern riechen“ bis hin zur „Aus der Pfütze trinken“ – was ich natürlich versuche zu verhindern, aber nicht immer gleich schaffe, so dass Evans Gesicht der Pfütze schon gefährlich nahe gekommen ist. Wenn ich Glück habe, reicht Evan seine Kuscheltierersatz Momo (siehe Bild) aus und er tritt nicht selber in die Rolle der Momo sondern überlässt es seiner Ersatzmomo, die es einmal in einer großen und kleinen Ausfertigung gibt. Noch schnell eine Leine um gemacht und Momo und Evan inklusive Ersatzkuscheltier Momo laufen um die Wette – vielleicht läuft Momo auch vor ihnen weg, das kann man nicht immer klar unterscheiden. Es ist sehr amüsant zu beobachten wie die anderen Hundebesitzer auf Evans Ersatzmomo reagieren. Im ersten Moment müssen sie kurz überlegen, ob es ein echter Hund ist oder nicht. Die Irritation kann man ihnen sehr genau ansehen. Da rennt ein kleiner Blondschopf mit einem Golden Retriever – eher tot als lebendig aussehend an der Leine hinterher ziehend – umher. Es gibt doch wirklich Mitmenschen, die denken, dass ich meinen Sohn mit einem toten Hund spielen lasse… Zum Glück, dass Evan nicht noch seine Klobürste dabei hat und ihnen auf genau dieser Bürste sein Lieblingslied Old Mac Donald Had a Farm vorspielt.

Eine weitere Besonderheit der Imitation ist es, wenn Evan irgendwelche Art von Hunden (Porzellan-, Schleich-, Holzhunde etc.) sieht und möchte, dass Momo genau – genau heißt genau – diese Haltung der bestimmten Hunde einnimmt. Egal, ob ein Pfötchen dauerhaft in der Luft oder ein auf den Rücken liegender Hund dargestellt wird, Momo soll und muss diese Haltung annehmen. Als Momo noch ein wenig jünger war, hat es noch einigermaßen geklappt. Mittlerweile konnte ich Evan zum Glück überreden seine Ersatzkuscheltier Momo für diese Art der Imitation zu benutzen.

Unsere liebe Momo macht diese verschiedenen Arten der Zuneigung jetzt schon einige Jahre mit und dafür möchte ich einfach mal danke sagen. Momo, Du bist einfach fabelhaft wunderbar. Wenn Momo diese Worte jetzt lesen könnte, würde sie es mit einer Hundepfote runterspielen. Sie steht nicht gerne im Mittelpunkt. Unsere Momo.

Auf eine ganz besondere Freundschaft, die vor einigen Jahren begonnen hat.

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Auf viele weitere liebevoll chaotische Spaziergänge,

Marcella & Evan.

 

 

 

 

Ich sorge mich. Jeden Tag aufs Neue.

Sorgen. Sich sorgen. Sorgen machen. Besorgt sein. Versorgen. Umsorgen. Das Wort sorgen hat bei mir eine sehr große Bedeutung. Eigentlich dreht sich alles um das Wort sorgen. Ich mache mir sehr große Sorgen. Eigentlich ständig. Ich beneide die Eltern, die das Elternsein einfach mal genießen können. Ihren Kindern einen kurzen Moment beim Spielen zuschauen und innerlich und äußerlich lächeln und sich des Lebens freuen. Dabei vielleicht noch einen Latte Macchiato trinken und voller Vorfreude den Tag feiern. Nicht, dass wir unsere Tage nicht auch feiern. Evan und ich feiern sogar sehr oft aber immer mit einem Beigeschmack. Immer mit dem Gefühl der Sorge. Ich sorge mich sehr. Hat er gerade gehustet? Wird er krank? Er bekommt doch hoffentlich keine Lungenentzündung? Schon kommen unsere ätherischen Öle zum Einsatz und das Zimmer wird aromatisiert. Dann kann er besser atmen – bilde ich mir zumindest ein.  Das Erkältungsbad wird eingelassen und danach wird das Kind ordentlich mit Erkältungsbalsam eingecremt. Der Husten und Bronchialtee ist auch schon fertig als ich feststellen muss, dass Evan sich nur kurz verschluckt hat. Egal, ätherische Öle und Erkältungsbalsam schaden nicht. Manchmal komme ich mir vor als ob ich ein Computer mit vielen verschiedenen Programmen bin. Das Programm Husten sieht dann ungefähr so aus: Husten=krank=Panik=funktionieren=Teewasser aufsetzten=Bad einlassen=Zimmer aromatisieren=Erkältungsbalsam bereit legen=Entscheidung, ob zum Arzt fahren oder nicht. Von diesen Programmen gibt es etliche. Von Oh nein, seine Nase läuft, er bekommt Schnupfen bis zu er sieht heute irgendwie blauer aus.  Weiterlesen

Unser neues Familienmitglied!

Ich habe schon öfter über Evans Gitarrenvorliebe geschrieben. Evan liebt Gitarren. Wenn Evan eine Gitarre sieht, ist es ihm egal wem diese Gitarre gehört. In seiner Welt gehören alle Gitarren ihm. Evan liebt nicht nur Gitarren sondern er liebt alles was die Form einer Gitarre hat, wie zum Beispiel Klobürsten (ungenutzt versteht sich), Haarbürsten, Pfannen, Fliegenklatschen, Handfeger,  etc. – mir ist früher gar nicht 20151007_185453aufgefallen, was alles die Form einer Gitarre hat. (Ich kann immer noch nicht fassen, dass viele Menschen wirklich glauben, dass ich meinen Sohn mit einer benutzen Klobürste spielen lasse). Mittlerweile hat Evan schon eine beträchtliche Sammlung/Ansammlung von  Gitarren oder Gitarren ähnlichen Gegenständen.

Jetzt aber zu unserem neuen Familienmitglied: Kurz vor Weihnachten hat Evan ein großes längliches Paket erhalten. Leider kam das Paket ohne Absender, so dass ich am Anfang nicht wusste von wem das schöne Paket ist. Den Inhalt konnte ich mir aufgrund der Form der Verpackung schon denken… Seit Heiligabend hat Ev2016-01-03 22.38.12an nun einen neuen besten Freund: seine gelbe Janosch Gitarre! Sie wird nicht mehr losgelassen und kommt sogar mit ins Bett.

Der Absender konnte mittlerweile auch ausfindig gemacht werden. Eine ehemalige Arbeitskollegin aus Brüssel. Mich hat die Geste und Aufmerksamkeit sehr berührt, da wir schon seit Jahren nur sporadisch Kontakt haben.

Liebe Christine, Evan und ich danken Dir vom Herzen für die liebe Überraschung. 

In diesem Sinne:

„Ein kleines Geschenk bringt Freude ins Haus und treibt die Gewitterwolken hinaus.“

Marcella & Evan

Der ist doch nicht behindert?!

… doch, das ist er! Als ich mit meinem Blog angefangen habe, habe ich schon einmal kurz das Thema angeschnitten. Da ich in letzter Zeit sehr oft mit diesem Thema konfrontiert worden bin, liegt es mir sehr am Herzen es nochmal genauer zu formulieren. Evan ist weder frech noch bin ich aufgrund der Tatsache, dass ich mit ihm alleine lebe, überfordert – manchmal vielleicht ein wenig – diese Tatsache hat aber nichts mit dem Grad seiner Behinderung zu tun. Auch wenn man Evan seine Behinderung nicht an sieht, ist es eine Tatsache, dass er in seinem Handeln und in seinem Alltag sehr eingeschränkt und ständig auf fremde Hilfe angewiesen ist. An alle Mitmenschen, Freunde, Familie und Wegbegleiter: Evan hat weder immerwährende Trotzanfälle noch ist er gemein gefährlich oder verfügt über ein hochgradiges Aggressionspotenzial. Durch die vielen Reize und Besonderheiten im Alltag kann man bei ihm eher von einer Reizüberflutung sprechen, die sein Verhalten in bestimmten Situationen auslösen. Hinzu kommt die fehlende (deutliche) Kommunikation, die einige Gegebenheiten noch verschlimmern können. Mich verletzt es sehr, wenn ich Menschen sehe, die ihn/uns herablassend anschauen. Ich kann verstehen, dass Evans Verhalten auf einige Mitmenschen verstörend oder sogar erschreckend wirken mag aber bitte vergesst nicht, dass Evan eine schwere Behinderung hat auch wenn man diese nicht auf den ersten Blick sehen kann. Von einem Kind, das im Rollstuhl sitzt, würde man nie erwarten, dass es laufen soll. Dieses auszusprechen wäre grauenvoll, völlig unangemessen, schlichtweg nicht akzeptabel. Warum also wird genau das immer und immer wieder von Evan verlangt bzw. erwartet? Weiterlesen

Die „Komischgucker“

Sie lauern überall. Im Supermarkt, im Gartencenter, bei Ikea, auf der Straße, im Park ja sogar auf Spielplätzen und anderen kinderfreundlichen Orten. Am häufigsten allerdings sind sie in Restaurants, Kaffees oder an Supermarktschlangen anzutreffen: die „Komischgucker“. Am Anfang fallen sie nicht weiter auf, geben sich unbedeckt,  sind nicht unmittelbar von den Anderen zu unterscheiden. Man könnte sie fast für „normale“ Mitbürger halten. Geben sich zuerst sogar noch freundlich. Ich aber erkenne sie mittlerweile sofort: die „Komischgucker“ oder auch „Augenverdreher“ genannt. Sie sind Meister im Komischgucken und Augenverdrehen. Diese Spezies versucht erst gar nicht es zu vertuschen oder zu verheimlichen, nein sie machen es sogar ganz offensichtlich. Weiterhin besitzen sie die Gabe sich zu verwandeln ohne dass man dieses bemerkt. Diese Verwandlung lässt sich am besten in die „Gut hörbar Tuschler“ beschreiben. Als ich die ersten Male auf diese Spezies getroffen bin, habe ich noch daran geglaubt, dass diese Gattung hochgradig hör- und sehgeschädigt ist, da sie so laut tuscheln und auffällig komisch gucken. Ich hatte sogar noch Verständnis. Ehrlich gesagt, taten Sie mir in meiner Naivität und Optimismus sogar leid, da sie anscheind nicht in der Lage sind gut zu hören und zu sehen und daher immer so laut sprechen und komisch gucken müssen. Wie anstrengend muss das doch sein…? -habe ich mich noch gutgläubig gefragt. Mittlerweile weiß ich, dass sie alle sehr wohl in der Lage sind gut zu hören und zu sehen und das diese Angewohnheit zu ihrem Verhalten bzw. Auffälligkeiten gehört. Weiterlesen

Alle Jahre wieder…

… kommt das Christuskind… Und es kommt auch zu uns! Weihnachten ist für mich der Inbegriff einer besinnlichen und seligen Zeit. Überall brennen die Lichter und es riecht nach Glühwein. Die Menschen bereiten sich langsam auf das Weihachtsfest vor, die besinnliche Zeit beginnt! Ich glaube, wenn das Christuskind unsere besinnliche Zeit „live“ mitbekommt, will es entweder schnell wieder weg oder für immer bleiben.

Alle Jahre wieder, genauer gesagt Ende November, hole ich unsere Weihnachtsdeko aus der Garage. Dann spätestens hat auch Evan bemerkt, dass jetzt wieder diese seltsame Zeit beginnt. Die Zeit, mit den vielen Lichtern und Kerzen und nicht zu vergessen meiner kitschigen Weihnachtsstadt. Leider hat diese kitschige Stadt – über die 4 Jahre – schon ein wenig gelitten und hält nur noch provisorisch dank meiner Heißklebepistole. Mein selbstgemachter Adventskranz sieht schon Anfang Dezember sehr mitgenommen und zerpflückt aus. Evan hat sehr große Freude daran, ihn vom Tisch zu schmeißen und meine schöne Adventskranzdeko durcheinander zu bringen. Den Weihnachtsbaum vom letzten Jahr, den ich liebevoll geschmückt habe, hat Evan sehr schnell – samt Deko – umgehauen. Nach dem gefühlten 10. Mal, habe ich ihn auf die Terrasse verfrachtet. Ob ich dieses Jahr einen kaufe, weiß ich noch nicht. Jedes Mal sage ich mir aufs Neue: Nächstes Jahr kaufe ich mir keinen mehr! Dieser Vorsatz wird im Laufe des Jahres allerdings immer schwammiger und spätestens im Dezember, wenn die Lichter an den Bäumen die Herzen der Menschen erwärmen und die Straßen beleuchten, ist der Vorsatz ganz verschwunden und ein kleiner Baum hat ein neues zu Hause gefunden (wie auch in diesem Jahr, wie Ihr auf dem Bild erkennen könnt). Weiterlesen