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Ziemlich beste Freunde

Zeit ist eines der größten Geschenke was man jemanden machen kann.

Mit diesem Leitspruch wurde ich auf das Projekt von „Ein Zuhause für Kinder“ von der St. Matthäus Gemeinde in Huchting aufmerksam.

Das „Zuhause für Kinder“ ist ein Kinder- und Jugendzentrum im Bremer Stadtteil Huchting. Jedes dritte Kind lebt hier von Sozialhilfe. Direkt gegenüber der Einrichtung beträgt der Anteil der Sozialhilfeempfänger sogar über 50 Prozent. Täglich kommen 60-100 Kinder im Alter zwischen 0-14 Jahren in die Einrichtung, um die umfangreichen, kostenlosen Angebote zu nutzen.

„Mach mit und werde ziemlich bester Freund von einem Kind aus der Arbeit von „Ein Zuhause für Kinder“. Was steckt dahinter? Diese Frage stellte ich mir unmittelbar als ich den Flyer das erste Mal in der Hand hielt. ZBF visitenkarte frontTheoretisch läuft es so ab, dass man Patin oder Pate eines Kindes von ein Zuhause für Kinder wird und sich regelmäßig mit Ihnen trifft. Vieler dieser Kinder wachsen in schwierigen Familienverhältnissen auf und freuen sich, wenn jemand mal ausschließlich Zeit für sie hat. Zuerst verbringt man eine einige Zeit in den Räumlichkeiten von ein Zuhaue für Kinder. Danach kann und darf man sich treffen wo der beste Freund oder die Patin es möchte. Nachdem ich einige Informationen erhalten habe, war mein Interesse geweckt. Eigentlich nicht nur mein Interesse, sondern ich habe sofort gespürt, da möchtest Du mitmachen. Das möchtest Du ehrenamtlich unterstützen.

Die Wochen bevor das Projekt gestartet ist, fingen meine Unsicherheiten und Ängste allerdings an. Übernehme ich mich damit? Schaffe ich das noch neben Evan? Werde ich dem Kind gerecht? Jetzt gab es für mich allerdings kein Zurück mehr. Meine Mitgliedschaft war fest und einen ziemlich besten Freund hatte ich auch schon zugewiesen bekommen.

Ein paar Tage später habe ich meinen besten Freund dann auch persönlich kennengelernt und es hat sofort „gefunkt“. Die Chemie stimmte einfach. Mein bester Freund fing gleich an zu erzählen und hörte eigentlich gar nicht mehr auf. Aus der einen Stunde, die ich anfänglich bleiben wollte,  sind dann fast 2,5 Stunden geworden. So positiv und unbeschwert ist das 2. Treffen auch verlaufen. Die nächsten Treffen, außerhalb der Gemeinde, sind schon verplant. Evan soll meinen bester Freund auch bald kennen lernen. Ich hoffe, dass die beiden sich auf ihre Weise gut verstehen und wir dann hin und wieder etwas gemeinsam machen können. Das würde ich mir für Evan aber auch für meinen besten Freund wünschen. Ich glaube ganz stark daran, dass besondere und gesunde Kinder voneinander profitieren können.

Trotzdem hat mich die Frage: Warum machst Du das eigentlich? nicht losgelassen. Warum gehst Du in Deiner kostbaren Freizeit nicht einfach in die Sauna oder shoppen? Ich habe lange darüber nachgedacht und nach dem 2.Treffen mit meinem neuen besten Freund ist es mir klar geworden. Die Sachen und Dinge, die eigentlich ganz normal für Eltern mit gesunden Kindern sind wie zum Beispiel basteln, malen, Kekse backen, spielen oder einfach nur REDEN mache ich mit meinem besten Freund. Diese Dinge kann ich mit Evan so nicht machen. Als ich die Zeit mit meinem besten Freund verbracht habe, habe ich gemerkt, dass diese Tätigkeiten mir im Alltag sehr fehlen und wie sehr ich es genieße diese Dinge zu machen. Nach den 2 Wochen ist mir aufgefallen, dass ich die Zeit mit Evan wieder ganz anders wert schätze, da ich jetzt einen kleinen Ausgleich habe. Ich habe wieder Lust auf seine „Spiele“ und wir musizieren zusammen, ich auf der Klobürste und Evan auf dem Handfeger.

Ein weiterer Grund für das Mitmachen bei diesem Projekt ist Dankbarkeit. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich so wertvolle und wunderbare Menschen um mich herum habe, die mich unterstützen und ich möchte einen kleinen Anteil davon wieder zurückgeben. Wenn ich nach einem Treffen mit meinen besten Freund sehe und  spüre, wie viel Freude ihm die Zeit bereitet hat, bin ich dankbar.

Wenn wir uns um das Wohl anderer kümmern, dann tun wir zwei Menschen etwas Gutes: dem Anderen und uns.

Durch dieses Projekt habe ich aber noch etwas gelernt: Ehrfurcht. Ich habe tolle ehrenamtlich Paten und Patinnen kennengelernt, die jeder auf ihre Weise einfach wunderbar sind. Eine Patin hat mich aber ganz besonders berührt. Jeannette. Sie hat MS (Multiple Sklerose) und sitzt mittlerweile im Rollstuhl und ist fast erblindet. Alleine um zu den Treffen mit ihren besten Freund zu kommen, benötigt sie viel Kraft und Organisation und das finde ich bewundernswert. Menschen, die selber ein so schweres Schicksal haben und trotzdem so viel geben.

Jeder im Leben hat sein Päckchen zu tragen. Manchmal wird dieses Päckchen leichter, wenn man es auf viele verschiedene Schultern verteilen kann.

Ich bin sehr gespannt wo die Reise mit meinem besten Freund hingeht.

Mit gutem Beispiel voranzugehen ist nicht nur der beste Weg, andere zu beeinflussen- es ist der Einzige!“ Albert Einstein

 

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